27.04.2007
DWS Renten / Währungen : Gelehrtenstreit
Köln, den 27.04.2007 (Investmentfonds.de) - War die Europäische Zentralbank in der
Vergangenheit in schöner Regelmäßigkeit den zinspolitischen Vorgaben der US-Notenbank –
mit einem gewissen Zeitverzug – gefolgt, erwarten die Finanzmärkte derzeit erstmals
seit sieben Jahren, dass sich die EZB von ihrer großen Schwester abkoppelt. Nimmt man
die Kurse von Zinstermingeschäften auf dem Geldmarkt als Indikator, gehen die Akteure
davon aus, dass die Fed aufgrund der sich abschwächenden USKonjunktur den Leitzins im
Sommer senken, während die EZB einen weiteren Schritt in die andere Richtung machen wird.
Ob sich Euroland konjunkturell und monetär tatsächlich von den USA lösen kann, darüber
streiten die Gelehrten: Auf der einen Seite sind nicht nur Jean- Claude Trichet und
Kollegen der Ansicht, dass sich der Konjunkturaufschwung in der Euro-Zone ungeachtet
der Abschwächungstendenzen in den USA fortsetzen wird, weil der Einfluss der US-Konjunk-
tur auf den Euro-Raum schwinde. Auf der anderen Seite wird betont, dass die vier wichtig-
sten Einflussfaktoren auf die Euroland-Wirtschaft allesamt US-amerikanische Konjunktur-
daten seien. Von einer Unabhängigkeit könne also keine Rede sein.
Unstrittig ist, dass die US-Wirtschaft Schwächen zeigt; hinsichtlich des Ausmaßes der
Abkühlung gibt sie allerdings nach wie vor Rätsel auf. Zu gemischt sind derzeit die Sig-
nale bzw. Daten: Zum Beispiel steht ein deutlich gefallenes Verbrauchervertrauen über
Erwarten guten Arbeitsmarktdaten, höherem Konsum und Einkommen gegenüber. Und der
Immobilienmarkt meldete für den Februar deutlich gestiegene Verkäufe bestehender Häuser
und gleichzeitig einen Einbruch beim Verkauf neuer Eigenheime. Insofern muss eine mone-
täre Lockerung nicht ausgemachte Sache sein, auch wenn Ben Bernanke & Co. ihren „Tighte-
ning Bias“ deutlich abgeschwächt und sich einer neutralen geldpolitischen Haltung
genähert haben. Wir gehen derzeit davon aus, dass die Fed nicht so schnell auf Expansions-
kurs schwenken wird wie vielfach kolportiert. Die „aggressive“ Interpretation des jüngsten
Kommentars der Notenbank insbesondere durch den Aktienmarkt erscheint uns ein wenig
übertrieben gewesen zu sein.
Unterdessen sonnt sich Euroland weiterhin in konjunkturellem Glanze. Geht es um Deutsch-
land, geraten in diesem Frühjahr selbst eher nüchterne Ökonomen ins Schwärmen; die Rede
ist von Europas Konjunkturlokomotive und besten Perspektiven bis zum Jahr 2010. Man muss
nicht alles rosarot sehen, derzeit stellt sich der Aufschwung im gemeinsamen Währungsraum
aber auch aus unserer Sicht als recht stabil dar. Es spricht viel dafür, dass die EZB im
Sommer tatsächlich die monetären Zügel noch einmal anzieht. Die Neigung dazu dürfte sich
verstärken, wenn sich der Aufschwung auch in den Lohntüten bemerkbar macht.
Der starke Kursanstieg vom Februar von US- und Euroland-Staatsanleihen ist im März, wie
von uns erwartet, zum Stillstand gekommen und ins Negative umgeschlagen. Die Volatilität
dürfte hoch bleiben. Entsprechend der gegenläufigen konjunkturelle Entwicklung dies-
und jenseits des Atlantiks hat der Euro im März kräftig an Wert gegenüber dem US-Dollar
gewonnen. Wir gehen davon aus, dass der Greenback auch aus strukturellen Gründen unter
Druck bleiben wird.
Quelle: Investmentfonds.de