09.05.2006
Morgan Stanley: Marktreport Eurozone Mai 2006
Köln, den 09.05.2006 (Investmentfonds.de) -
Wirtschaft: Eurozone
Die Wirtschaft der Eurozone befindet sich weiterhin im zyklischen Aufschwung.
Bei den deutschen Exporteuren läuft es sogar sehr gut und selbst in den
schleppenden Volkswirtschaften Frankreichs und Italiens ist das Geschäftsklima
freundlicher geworden.
Beachtenswert ist auch die starke Verbesserung des Geschäftsklimas
in Deutschland, die aus dem ifo-Index hervorgeht. Die Anzeichen sind daher
günstig, dass die Wirtschaft der Eurozone von der globalen Expansion profitieren
kann, wobei sich ein Teil des Wachstum sogar schon in der Binnenwirtschaft
niederschlägt. So dürften zum Beispiel in Deutschland die Tarifverhandlungen mit
den Gewerkschaften zu hohen Lohnabschlüssen führen, da für die Arbeitgeber eine
Arbeitsniederlegung, wenn die Auftragsbücher gerade überquellen, ein besonders
harter Schlag wäre.
Das längerfristige Bild der Wirtschaft der Eurozone bleibt jedoch höchst
problematisch. In Frankreich hat die Regierung in der Frage der
Arbeitsmarktreform kläglich vor dem reaktionären Mob kapituliert. Es scheint,
als wäre eine schwerere Wirtschaftskrise nötig, bevor Frankreich bereit ist,
die Reformen durchzuführen, die das Land so dringend braucht. In der nächsten
Zeit wird jedoch nichts geschehen, da der zyklische Aufschwung die strukturellen
Probleme vorerst überdeckt. Chirac wird einen neuen Premierminister brauchen,
da Villepin inzwischen unglaubwürdig geworden ist und der designierte Nachfolger,
Sarkozy, seinen Aufschwung nicht dadurch gefährden wird, dass er unpopuläre
Reformen durchdrückt. Trotz seiner großen Worte über die Notwendigkeit einer
Reform, hat er sich als ein ebenso dirigistischer Interventionierer erweisen
wie der Rest der politischen Klasse in Frankreich. Die italienische Wahlen
ergaben eine hauchdünne Mehrheit für die Koalition der Linksparteien unter
Führung von Romano Prodi. Besonders beunruhigend ist die Tatsache, dass die
Kommunisten rund 10% der Stimmen erhielten und damit in der neuen Regierung
ein gewichtiges Wort mitzureden haben. Die neue Regierung wird voraussichtlich
recht instabil sein, da sie von der Zusammenarbeit so vieler Parteien abhängt.
Wenigstens sind in Deutschland gewisse Fortschritte zu verzeichnen und die
deutschen Exporteure sind höchst konkurrenzfähig. Die hohen Arbeitskosten
brachten es mit sich, dass die deutschen Unternehmen hohe
Produktivitätsverbesserungen erzielen mussten, um ihre Position behaupten
zu können. Hierzu investierten sie massiv in Ausrüstungen und Anlagen.
Dies geschah auf Kosten der Arbeitskräfte, so dass die Arbeitslosigkeit
im Land weiterhin hoch bleibt.
AKTIEN
Die europäischen Aktien traten im April im Wesentlichen auf der Stelle.
Die Sektorunterschiede waren erneut größer als die geographischen Differenzen,
wobei Energietitel besonders gut abschnitten. Die europäischen Gewinnkorrekturen
tendieren aufwärts und gehören mittlerweile weltweit zu den besten. Das
allgemeine Muster der parallelen Entwicklung von Gewinnkorrekturen und
Geschäftsklima setzt sich weiter fort. Unseren quantitativen Modellen
zufolge sind europäische Aktien nach wie vor relativ attraktiv.
ANLEIHEN
Mit einer Performance von -4,4% für die 10-jährigen deutschen
Bundesanleihen seit Jahresbeginn zeigt die Baisse am Rentenmarkt allmählich
Ähnlichkeit mit der großen Talfahrt des Jahres 1994. Da wir den Aufwärtsdruck
auf die Renditen schon so lange beobachtet hatten, war dies natürlich keine
Überraschung und unsere untergewichtete Position in Anleihen zahlt sich nun
aus. Nachdem alle Sektoren des Rentenmarkes in Europa seit Jahresbeginn
negative Erträge aufweisen, stellt sich angesichts der steigenden Renditen
die Frage, wann wir damit beginnen sollten, unsere untergewichtete Position
zu reduzieren. Es wäre zwar durchaus verlockend, beim aktuellen Niveau Gewinne
mitzunehmen, angesichts der wahrscheinlichen Leitzinsanhebungen der EZB am
Horizont wird sich die Korrektur des Marktes aber voraussichtlich noch weiter
fortsetzen. Zudem zeigen unsere quantitativen Modelle, dass Euroland-Anleihen
praktisch nach allen Maßstäben unattraktiv sind.
Bilanz:
Europäische Aktien: neutral
Europäische Anleihen: negativ
Quelle: Investmentfonds.de