23.08.2018
Franklin Templeton Investments-Von Währungen, Handel und anderen Sorgen
Köln, den 23.08.2018 (Investmentfonds.de) - Die Schwellenländer gerieten
inmitten einer Welle von Unsicherheit
in der ersten Hälfte dieses Jahres ins Straucheln. Chetan Sehgal
von Templeton Emerging Markets Equity erläutert Aspekte, die die
Anlageklasse eintrüben, darunter ein stärkerer US-Dollar und das
Gerangel um den Handel, und beleuchtet einige positive langfristige
Fundamentaldaten. Aus seiner Sicht sind manche Bedenken überzogen.
Chetan Sehgal, CFA
Senior Managing Director, Director of Portfolio Management,
Franklin Templeton Emerging Markets Equity
Nach mehreren starken Jahren gerieten die Schwellenländer im ersten
Halbjahr 2018 ins Straucheln. Die Anleger konzentrierten sich auf
negative Faktoren, insbesondere die steigenden Zinssätze in den USA,
die Stärke des US-Dollar und die Sorgen um den Handel. Aus unserer
Sicht sind einige dieser Ängste jedoch überzogen.
Wir sind uns im Klaren, dass ein Umfeld mit steigenden US-Zinssätzen
und einem stärkeren US-Dollar – als Ausdruck einer robusten
US-Konjunktur – die Schwellenländer beeinflussen kann.
Während eine robuste US-Konjunktur für die Weltwirtschaft
(einschließlich der Schwellenländer) eine gute Nachricht ist,
können höhere Zinssätze die Bedienung von Auslandsschulden für
Kreditnehmer kostspielig machen. Daher können lokale Währungen
unter Druck geraten – und sind dies bereits – da die Bedienung
von auf Dollar lautenden Schuldtiteln schwieriger wird. Kapital
wird aus den als „riskanter“ geltenden Märkten abgezogen.
In diesem Jahr ist eine Kapitalflucht aus Schwellenländer-Aktien
zu beobachten, und einige Währungen haben so stark abgewertet,
dass sie zum US-Dollar derzeit deutlich unterbewertet erscheinen.
Aus unserer Sicht spiegeln die Märkte die positiven Fundamentaldaten
nicht wider.
Einige Länder mit angespannten Finanzen beherrschen weiterhin die
Schlagzeilen. Es muss jedoch auf ihre relativ geringe Größe im Rahmen
der breiteren Anlageklasse der Schwellenländer sowie auf Ausmaß,
in dem ihre Fundamentaldaten schwächer sind, hingewiesen werden.
Beispielsweise macht die Türkei lediglich 2 % des MSCI Emerging
Markets Index aus, Pakistan 0,5 %, und Argentinien ist noch nicht
einmal im Index aufgenommen.
Blick zurück – und nach vorne
Märkte sind zukunftsgerichtet, und wir haben im Hinblick auf die
Schwellenländer festgestellt, dass sie nach unten überreagieren.
Dies geschah 2013, als die US-Notenbank (Fed) die „Drosselung“
ihres quantitativen Lockerungsprogramms ankündigte, und 2015, als
sie die Straffung begann. Die Stimmung gegenüber den Schwellenländern
war negativ. Zwar waren einige Länder anfällig, doch in manchen Fällen
preisten die Märkte Niveaus wie in Krisenzeiten ein. Die Währungen
wurden unterbewertet, und als die Krise ausblieb, kam es zu einer
Erholung. Eine kurzfristige Risikoaversion und ein leichter Anstieg
der Zinserwartungen trugen zur jüngsten Dollar-Stärke bei. Es bleibt
allerdings abzuwarten, ob dies nachhaltig ist.
Neben Zinssätzen und Dollar wurden die Anleger in diesem Jahr
auch durch die Sorgen um die US-Zölle und ihre Folgen in Angst
versetzt. Während sich alles auf die US-Zölle konzentriert,
nimmt der Handel zwischen regionalen Schwellenländern zu und
treibt das Wachstum zusehends an.
Eine ganze Reihe von US-Zöllen zielt auf China ab. Das Land ist
jedoch mittlerweile in puncto Handelsvolumen und -wert in Asien
und insgesamt in den Schwellenländern ein starkes Gegengewicht
zu den USA. China ist für eine Reihe von Ländern der größte
Exportmarkt und war darauf bedacht, die Handelsbeziehungen zu
anderen Ländern als den USA zu stärken. Als Antwort auf die
US-Zölle verringerte China die Zölle auf Importwaren aus mehreren
Ländern der Region bzw. hob diese Zölle auf, darunter Südkorea,
Indien, Bangladesch und Laos. Dies könnte diesen Ländern helfen,
das aktuelle Gerangel mit den USA um den Handel zu überstehen.
Eine längerfristige Sichtweise
In den USA trugen die jüngsten Steuersenkungen zum Anstieg des
Wirtschaftswachstums und der Asset-Preise bei, sie sorgten jedoch
auch für eine Steigerung der Inflationsängste und der Zinssätze.
Es ist zu beachten, dass die US-Steuersenkungen defizitfinanziert sind.
Dies dürfte den US-Dollar auf längere Sicht einem Abwärtsdruck aussetzen.
Nach unserer Auffassung gibt es bei den Schwellenländern insgesamt
zahlreiche Gründe für Zuversicht.
Beim Wachstum des Bruttoinlandsprodukts übertreffen die
Schwellenländer die Industrieländer insgesamt seit vielen Jahren,
und wir sehen keine Anzeichen für eine Änderung dieses Trends.
Die Cashflow-Generierung hat sich deutlich beschleunigt.
Dies verbessert, einhergehend mit höherer Disziplin beim
Kapitaleinsatz, die Renditen der Anteilinhaber und stützt
die Entschuldung der Unternehmensbilanzen.
Das Gewinnwachstum ist ebenfalls robust – und dies ohne
vorübergehende Effekte durch Steuersenkungen wie in den USA. Wir
beobachten in den Schwellenländern eine langfristige Verschiebung
hin zu eher binnenwirtschaftlichen Treibern, wie z. B. Technologie
und Konsumsektor. Trotz dieser guten Nachrichten werden die
Aktienbewertungen günstiger.
Überdies gibt es in vielen Schwellenländern Verbesserungen bei den
Leistungsbilanzdefiziten. Insgesamt weisen die
Leistungsbilanzen einen Überschuss auf. Dies ist eine gewaltige
Veränderung gegenüber dem „Drosselungskoller“ 2013.
Der überwiegende Teil des Schuldenbestandes in den Schwellenländern
lautet mittlerweile auf lokale Währungen, und nicht auf US-Dollar.
Dies ist eine der größten Änderung zu den vergangenen Jahrzehnten.
Einhergehend mit Systemen freier Wechselkurse dämpft dies die
negativen Folgen steigender US-Zinssätze.
Auch wenn die Märkte möglicherweise Angst und Ungewissheit
einpreisen, erscheinen uns viele Schwellenländer in viel
besserer Form als in vorherigen Korrekturphasen.
Asymmetrische Marktreaktion auf Handelsstreitigkeiten
Gleich ob man es als Handelskrieg bezeichnet oder nicht,
gibt es auf die US-Zölle und die Gegenzölle, die in diesem
Jahr China und weitere Länder betrafen, eine sehr asymmetrische
Marktreaktion. Generell bestand seit dem 2. Weltkrieg der
Marktkonsens, dass freier Handel für alle Parteien gut ist
(auf gesamtwirtschaftlicher Ebene). Beide Seiten profitieren.
Ein Handelskrieg hingegen würde somit bedeuten, dass beide
Seiten verlieren.
Die Reaktion des Marktes legt jedoch nahe, dass ein Handelskrieg
zwischen China und den USA für China negativ wäre, für die USA
aber nahezu keine Folgen hätte. Zumindest könnte man dies bei
einem Blick auf die Unterschiede bei der Aktienmarktentwicklung
und beim Wert der Währungen beider Länder schlussfolgern.
Es sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass die Auslagerung
von Produktion und Lieferketten durch die Technologieriesen zwar
zum Handelsdefizit beiträgt, dass die günstigere Produktion im
Ausland jedoch auch ein Haupttreiber hoher Margen ist, der die
US-Unternehmensgewinne insgesamt steigert. Es gibt sowohl Vorteile
als auch Nachteile.
Wenn man die Bewertungen chinesischer Unternehmen und die zugrunde
liegende Stärke der chinesischen Wirtschaft betrachtet, stellt
sich der jüngste Rückgang als Chance dar, Schnäppchen zu ergattern.
Wir erkennen zwar Probleme, doch die Reformbemühungen der dortigen
Regierung halten an. Die Führung kündigte Maßnahmen zur Ankurbelung
des Wachstums an, darunter Steuersenkungen und Infrastrukturausgaben.
Nach unserem Dafürhalten preisen die Märkte im Hinblick auf
Handelsstreitigkeiten speziell für China, aber generell auch für die
Schwellenländer einen überaus negativen Ausgang ein.
Aus einer Reihe von Gründen erwarten wir ein stärkeres zweites
Halbjahr 2018. Nach der Risk-off-Phase im Sommer könnte sich die
Stimmung der Anleger nach unserem Dafürhalten wieder aufhellen.
Zu den weiteren saisonalen Faktoren gehören mögliche höhere
Konsumausgaben für die Ereignisse in den letzten Monaten des
Jahres, wie z. B. der Tag der Singles in China und der Black Friday
in den USA und die Feiertage in aller Welt wie Thanksgiving, Diwali
und Weihnachten. Überdies erreicht der Automobilabsatz in China
seinen Höchststand in der Regel im Dezember, wenn die Fabriken
zwecks Verringerung der Winterverschmutzung schließen.
Während sich diese ganze Diskussion um Makro-Faktoren dreht,
ist unser Ansatz als Anleger eher„bottom-up“ als „top down“.
Das heißt, dass wir, gleich ob es sich um China oder andere
Länder handelt, nach hochwertigen Unternehmen suchen, die sich
unserer Meinung nach in jedem wirtschaftlichen Umfeld gut schlagen.
Die Kommentare, Meinungen und Analysen in diesem Dokument dienen
nur zu Informationszwecken und sind nicht als persönliche
Anlageberatung oder Empfehlung für bestimmte Wertpapiere oder
Anlagestrategien anzusehen. Da die Märkte und die wirtschaftlichen
Bedingungen schnellen Änderungen unterworfen sind, beziehen sich
Kommentare, Meinungen und Analysen auf den Zeitpunkt der
Veröffentlichung und können sich ohne Ankündigung ändern.
Dieses Dokument ist nicht als vollständige Analyse aller wesentlichen
Fakten in Bezug auf ein Land, eine Region, einen Markt, eine Anlage
oder eine Strategie gedacht.
Welche Risiken bestehen?
Alle Anlagen beinhalten Risiken, auch den möglichen Verlust der
Kapitalsumme. Anlagen in ausländischen Wertpapieren sind mit
besonderen Risiken behaftet, darunter Währungsschwankungen sowie
ungewisse wirtschaftliche und politische Entwicklungen. Anlagen
in Schwellenländern, zu denen als Untergruppe auch die Grenzmärkte
gehören, sind mit erhöhten Risiken in Bezug auf dieselben Faktoren
verbunden. Hinzu kommen die durch ihre kleinere Größe, ihre geringere
Liquidität und die nicht so fest gefügten rechtlichen, politischen,
wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen zur Stützung der
Wertpapiermärkte bedingten Gefahren. Da diese Rahmenbedingungen
in Grenzländern in der Regel noch geringer ausgeprägt sind und
diverse Faktoren vorliegen, wie gesteigertes Potenzial für extreme
Preisschwankungen, Illiquidität und Handelsbarrieren und
Wechselkurskontrollen, werden die mit Schwellenländern verbundenen
Risiken in Grenzländern verstärkt. Aktienkurse schwanken mitunter
rasch und heftig. Das kann an Faktoren liegen, die einzelne Unternehmen,
Branchen oder Sektoren betreffen, oder an den allgemeinen Marktbedingungen.
Quelle: Investmentfonds.de